Für Wohnungseigentümer ist die Eigentümerversammlung das wichtigste Organ der Gemeinschaft. Hier werden alle relevanten Entscheidungen getroffen – von der Jahresabrechnung über Instandhaltungsmaßnahmen bis hin zur Hausordnung.
Jede Versammlung folgt einer festgelegten Tagesordnung, die rechtzeitig mit der Einladung verschickt wird. Eigentümer haben das Recht, eigene Anträge zu stellen, Fragen zu stellen und über Beschlüsse abzustimmen. Wichtig: Nur wer anwesend oder ordnungsgemäß vertreten ist, kann aktiv Einfluss nehmen.
Beschlüsse der Versammlung sind verbindlich für alle Eigentümer – auch für jene, die nicht teilgenommen haben. Daher ist es wichtig, die Protokolle sorgfältig zu lesen und eventuelle Einwände fristgerecht zu prüfen.
Tipp
Eine gut vorbereitete Versammlung sorgt für klare Entscheidungen und verhindert Konflikte. Nutzen Sie die Gelegenheit, sich einzubringen – denn gemeinsames Eigentum funktioniert am besten, wenn alle Beteiligten informiert und engagiert mitwirken.
Bedeutung und rechtliche Grundlage
Die Eigentümerversammlung ist gemäß § 23 WEG das oberste Beschlussorgan der Wohnungseigentümergemeinschaft. Hier werden die gemeinschaftlichen Interessen gebündelt und Entscheidungen getroffen, die das Zusammenleben und die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betreffen.
Während der Verwalter die laufenden Geschäfte führt und Maßnahmen umsetzt, liegt die Entscheidungsgewalt grundsätzlich bei der Gemeinschaft der Eigentümer. Nur in der Versammlung können rechtlich wirksame Beschlüsse gefasst werden, die für alle Eigentümer – auch die abwesenden oder nicht einverstandenen – verbindlich sind.
Die Eigentümerversammlung erfüllt damit eine doppelte Funktion: Sie ist einerseits ein demokratisches Forum, in dem jeder Eigentümer seine Stimme einbringen kann, und andererseits ein Verwaltungsinstrument, das die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft sicherstellt.
Einladung und Tagesordnung – Formvorschriften nach dem WEG
Die Einladung zur Eigentümerversammlung ist streng geregelt. Nach § 24 Abs. 4 WEG muss sie mindestens drei Wochen vor dem Termin schriftlich erfolgen und alle Tagesordnungspunkte enthalten, über die Beschlüsse gefasst werden sollen.
Der Verwalter ist in der Regel verantwortlich für die Einladung; er kann sie aber auch auf Beschluss der Eigentümergemeinschaft delegieren.
Wichtig ist: Über Punkte, die nicht in der Tagesordnung angekündigt wurden, darf grundsätzlich kein wirksamer Beschluss gefasst werden. Damit soll sichergestellt werden, dass sich alle Eigentümer ausreichend auf die Themen vorbereiten können.
Typische Tagesordnungspunkte sind:
- Genehmigung der Jahresabrechnung und des Wirtschaftsplans (§ 28 WEG)
- Entlastung des Verwalters und des Verwaltungsbeirats
- Beschluss über Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG)
- Beschluss über die Höhe der Instandhaltungsrücklage
- Wahl oder Abberufung des Verwalters (§ 26 WEG)
- Regelungen zur Hausordnung oder Nutzung des Gemeinschaftseigentums
Eigentümer haben zudem das Recht, eigene Anträge für die Tagesordnung einzureichen. Diese müssen rechtzeitig vor Versand der Einladung beim Verwalter eingehen.
Teilnahme, Vertretung und Beschlussfähigkeit
Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, an der Versammlung teilzunehmen und sein Stimmrecht auszuüben. Die Stimmrechte können unterschiedlich geregelt sein – nach Köpfen (eine Stimme pro Eigentümer), nach Miteigentumsanteilen oder nach Wohnungen (§ 25 Abs. 2 WEG). Welche Regelung gilt, ergibt sich aus der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung.
Kann ein Eigentümer nicht persönlich teilnehmen, darf er sich durch eine bevollmächtigte Person vertreten lassen. Die Vollmacht sollte schriftlich vorliegen und möglichst vor Beginn der Versammlung beim Verwalter eingereicht werden.
Die Versammlung ist beschlussfähig, wenn die anwesenden oder vertretenen Eigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren (§ 25 Abs. 3 WEG). Wird dieses Quorum nicht erreicht, kann eine Wiederholungsversammlung einberufen werden, die dann unabhängig von der Zahl der erschienenen Eigentümer beschlussfähig ist – ein praktischer Mechanismus, um Blockaden zu vermeiden.
Ablauf einer Eigentümerversammlung
Eine Eigentümerversammlung folgt in der Regel einem festgelegten Ablauf, der sich über die Jahre bewährt hat und Transparenz gewährleistet:
- Eröffnung und Begrüßung durch den Verwalter oder Versammlungsleiter.
- Feststellung der Beschlussfähigkeit und Genehmigung der Tagesordnung.
- Bericht des Verwalters über das vergangene Geschäftsjahr, Instandhaltungsmaßnahmen und finanzielle Entwicklungen.
- Erläuterung der Jahresabrechnung und des Wirtschaftsplans, verbunden mit der Abstimmung über deren Genehmigung.
- Diskussion und Abstimmung über anstehende Maßnahmen (z. B. Sanierungen, Anschaffungen, Modernisierungen).
- Entlastung des Verwalters und ggf. des Beirats.
- Neuwahlen, wenn erforderlich.
- Verschiedenes – allgemeine Fragen, Anregungen, Diskussionen.
Protokolliert werden müssen alle Beschlüsse (§ 24 Abs. 6 WEG). Das Protokoll dient als Nachweis für die Rechtmäßigkeit der gefassten Entscheidungen und ist die Grundlage für die Verwaltungstätigkeit im Folgejahr.
Rechte der Eigentümer
Eigentümer haben weitreichende Rechte, die ihnen eine aktive Mitgestaltung ermöglichen:
- Teilnahme- und Stimmrecht: Jeder Eigentümer darf an der Versammlung teilnehmen und über die Beschlüsse abstimmen.
- Rederecht: Fragen und Anmerkungen zu den Tagesordnungspunkten dürfen gestellt werden.
- Antragsrecht: Eigentümer können Themen auf die Tagesordnung setzen lassen.
- Auskunftsrecht: Der Verwalter ist verpflichtet, über wirtschaftliche und organisatorische Angelegenheiten Auskunft zu geben.
- Einsichtsrecht: Nach § 18 Abs. 4 WEG können Eigentümer Einsicht in Verwaltungsunterlagen nehmen – z. B. Abrechnungen oder Rechnungsbelege.
Wer an der Versammlung nicht teilnehmen kann, sollte das Protokoll genau prüfen. Da Beschlüsse auch für Abwesende gelten, ist es wichtig, Einwände oder Anfechtungen fristgerecht geltend zu machen.
Rolle des Verwalters und des Beirats
Der Verwalter spielt eine zentrale Rolle: Er bereitet die Versammlung vor, erstellt die Unterlagen, leitet die Sitzung und sorgt für die Umsetzung der Beschlüsse. Nach § 27 WEG obliegt ihm die ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums.
Unterstützt wird er dabei oft vom Verwaltungsbeirat, der die Arbeit des Verwalters kontrolliert und zwischen Eigentümern und Verwaltung vermittelt. Der Beirat prüft insbesondere die Jahresabrechnung (§ 29 WEG) und gibt Empfehlungen für künftige Maßnahmen ab.
Ein harmonisches Zusammenspiel zwischen Verwalter, Beirat und Eigentümern ist entscheidend für eine sachliche, effiziente und konfliktfreie Versammlung.
Digitalisierung der Eigentümerversammlung
Seit der WEG-Reform 2020 ist die Eigentümerversammlung deutlich moderner geworden. Nach § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG können Beschlüsse nun auch in elektronischer Form gefasst werden – z. B. in hybriden oder virtuellen Versammlungen. Das bedeutet: Eigentümer können online teilnehmen, abstimmen und diskutieren, ohne physisch anwesend zu sein.
Diese Entwicklung ist besonders für große Gemeinschaften oder überregionale Eigentümer von Vorteil. Digitale Versammlungen sparen Kosten, erleichtern die Organisation und erhöhen oft die Beteiligung. Allerdings bleibt die Frage des Datenschutzes und der sicheren Identifikation der Teilnehmer ein wichtiger Aspekt, den Verwaltungen sorgfältig beachten müssen.
Fazit
Die Eigentümerversammlung ist weit mehr als eine Pflichtveranstaltung – sie ist das demokratische Zentrum der Wohnungseigentümergemeinschaft. Hier werden die Weichen gestellt, wie das gemeinsame Eigentum verwaltet, erhalten und weiterentwickelt wird.
Wer seine Rechte kennt und aktiv nutzt, kann echten Einfluss auf die Zukunft seiner Immobilie nehmen. Eine gut vorbereitete, sachlich geführte Versammlung stärkt nicht nur das Gemeinschaftsgefühl, sondern schafft auch Transparenz, Vertrauen und Rechtssicherheit.
Kurz gesagt: Die Eigentümerversammlung ist Mitbestimmung in ihrer wirksamsten Form – ein Ort, an dem Engagement, Information und gemeinsames Handeln den Unterschied machen.



